Wirtschaftsgespräche am Main 11.12.2023

Wirtschaftsgespräche am Main mit BMW-CEO Oliver Zipse

„Die Vielfalt der Antriebe ist unser Geheimrezept“

Wandel, Wachsen, Werte – darum ging’s bei den 113. Wirtschaftsgesprächen am Main im Hotel Steigenberger Icon Frankfurter Hof. BMW-Chef Oliver Zipse hatte sich trotz des angekündigten Eisregens und Bahnstreiks nach FrankfurtRheinMain aufgemacht, um mit den Mitgliedern der Wirtschaftsinitiative über den Zukunftsweg seines Unternehmens zu sprechen. Wichtige Take-Aways: Die Zukunft der Mobilität ist für BMW elektrisch, zirkulär und digital, aber auf dem Weg zu „Net Zero“ wählt das Unternehmen einen technologiezentrierten Ansatz, der auf einer Architektur mit mehreren Antrieben basiert. Und: Der Autobauer denkt künftig vom Periodensystem her. Heißt: „Der Umgang mit knappen und verteuerten Rohstoffen und die Beherrschung von Komplexität werden der Schlüssel für unsere Industrie sein.“

„Alle Unternehmen müssen Antworten auf die geopolitischen und gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit finden. Heute werden wir aus erster Hand erfahren, was das für BMW bedeutet“, begrüßte der Vorstandsvorsitzende der Wirtschaftsinitiative Michael Müller den Gast aus Bayern, der im südhessischen Bensheim aufgewachsen ist und damit ein regionales Heimspiel hatte. BMW sei ein engagiertes Mitglied und ein wichtiger Partner in FrankfurtRheinMain. Mit 20.000 verkauften Fahrzeugen jährlich gehöre die regionale Niederlassung zu den erfolgreichsten weltweit, so Müller.

Wirtschaften wird in der Wirtschaft wieder wichtiger

„Transformation, was ist das eigentlich?“, fragte Zipse zu Beginn in die Runde und zählte all die Herausforderungen auf, mit denen sich Unternehmen heute und morgen konfrontiert sehen. „Rohstoffe und Energie sind zwei neue Themen, die so schnell nicht mehr verschwinden werden“, lautete seine Conclusio. Daher werde das Periodensystem unweigerlich zum wichtigen gedanklichen Fixpunkt für BMW. Denn: „Ein Auto besteht aus 12.000 Einzelteilen. Zwei Drittel der Rohstoffe aus dem Periodensystem werden beim Autobau benötigt. Und egal woher die Rohstoffe kommen: Sie werden knapper und teurer. Darüber wollen wir uns nicht beklagen, sondern darauf optimal reagieren.“ Das kluge und effiziente Wirtschaften werde in der Wirtschaft wieder wichtiger.

Die Zukunft der Mobilität beschreibt der Top-Manager mit drei Begriffen: „Elektrisch, zirkulär, digital.“ Wer diese nicht zu seinem Geschäft mache, werde im Wettbewerb nicht bestehen können. Doch BMW geht hier einen ganz eigenen Weg. E-Autos bilden das größte Wachstumssegment und 2030 sollen 50 Prozent der verkauften Fahrzeuge elektrisch sein – über alle Marken hinweg. Trotzdem fährt BMW mit Blick auf Antriebsarten mehrgleisig. „BMW folgt einem technologiezentrierten und technologieoffenen Ansatz. Damit sind wir besser und flexibler aufgestellt. Alle modernen Antriebe zahlen außerdem schon heute auf den Klimaschutz ein.“ Die Architektur mit mehreren Antrieben – hocheffiziente Verbrennermotoren neben Plug-in-Hybriden, Battery Electric Vehicles (BEV) und Wasserstoffzellen – erhöhe zwar die Komplexität. Doch die Komplexitätsbeherrschung werde gemeinsam mit dem Periodensystem-Denken entscheidend für die Industrie werden, ist er sich sicher.

Der Erfolg gibt BMW recht. In diesem Jahr wird das Unternehmen sechs Prozent zulegen – trotz des schwierigen gesamtwirtschaftlichen Umfelds. Im neuen Jahr sind erneut massive Investitionen geplant. Unternehmertum heiße, abzuwägen, so Zipse weiter. „Wir wachsen und gewinnen Marktanteile. Die Vielfalt der Antriebe in allen Produktlinien ist unser Geheimrezept.“ So ließe sich etwa auch eine Abhängigkeit von China in Sachen Batterien vermeiden. Im Übrigen habe er aber keine Angst vor der aufkommenden Marktmacht chinesischer Autos. „Wir entwickeln uns ja auch weiter.“

Elektro reicht nicht

Mit Blick auf Nachhaltigkeit und Zirkularität sei es darüber hinaus von zentraler Bedeutung, nicht in die Green Washing-Falle zu laufen. Die BMW Group bekenne sich klar zum 1,5 Grad-Ziel. 2030 werde man gegenüber 2019 mindestens 40 Prozent weniger CO2-Emissionen pro Fahrzeug verbuchen können. „Es reicht nicht, nur auf Elektro zu setzen. Die EU-Taxonomie wird das transparent machen.“ Lieferketten, Produktion und Lebenszyklus müssten überprüft werden, hier liege viel Potenzial.

Blieb noch das dritte Element des Zukunftsweges von BMW: die Digitalisierung. „Was Digital Leadership im Fahrzeug betrifft, ist Deutschland ganz und gar nicht abgehängt“, insistierte Zipse. „Systemintegration ist hier unsere Stärke.“ 2025 werde BMW ein neues Bedienkonzept herausbringen, das komplett auf Cockpit-Anzeigen hinter dem Lenkrad verzichtet und nur einen mittigen Bildschirm nutzt.

Impact Company mit Mehrwert

Bevor es in die lebhafte, von F.A.Z.-Herausgeber Carsten Knop moderierte Fragerunde ging, appellierte der BMW-CEO an die anwesenden Entscheiderinnen und Entscheider, den Mehrwert ihrer Unternehmen für die Gesellschaft – ihre „Licence to operate, to grow and to lead“ – im Blick zu behalten. „Wir verstehen uns als Impact Company, die die Gesellschaft mitgestaltet.“ Gerade multinationale-Konzerne hätten eine breite Sicht auf die Welt. Das prädestiniere sie dafür, als Brückenbauer und Erklärer zu agieren, der internationale Verbindungen schaffe.

„Wirtschaftsgespräche am Main“ ist ein exklusives Veranstaltungs- und Kooperationsformat, das die Wirtschaftsinitiative FrankfurtRheinMain gemeinsam mit der F.A.Z. und dem Hotel Steigenberger Icon Frankfurter Hof ausrichtet. In der Regel finden zwei bis vier Ausgaben pro Jahr statt.

 

Fotos: Kirsten Bucher

 

Mehr unter:

rheinmaintv (Erstausstrahlung am 08.12.2023)

2:30 Min.

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